Warum mir das Thema "Demenz" an Herzen liegt

Ich bin ausgebildete Arzthelferin, Demenz- und Hospizbegleiterin, betreue ehrenamtlich Erkrankte und habe lange Zeit in einem Pflegeheim im Demenzbereich als Betreuerin gearbeitet. Ich habe dort viel Leid, Verzweiflung aber auch viele freudige und schöne Dinge erlebt. 

Die Pflegekräfte zeigten oft sehr wenig Verständnis - wohl auch aufgrund mangelnder Ausbildung und Empathie - für das Verhalten der demenziell Erkrankten. Sie wurden nicht für voll genommen, ausgelacht, ja und schlimmstenfalls beschimpft. 

Doch auch im häuslichen Bereich fällt es den pflegenden Angehörigen oft sehr schwer mit dem verändertem Wesen der Erkrankten umzugehen. 

Wer einen an Demenz leidenden Menschen pflegt und betreut kennt es sicher: Uneinsichtigkeit darüber, dass man sich morgens waschen und sich anziehen muss, etwas gegessen oder getrunken werden sollte. Fragen, die zum zwanzigsten Mal gestellt werden und immer wieder die gleiche Antwort. Ständiges Rufen, das Verlangen irgendwo zu hinzugehen und, und, und....

 

Zuerst versucht man es mit sachlichen Erklärungen, redet mit Engelszungen auf den Erkrankten ein. Ohne Erfolg. Langsam nimmt die Geduld ab, man wird gereizt, man wird laut. Dies wiederum lässt den Demenz-Patienten, je nach Stimmung und Charakter, aggressiv werden oder sich in ein heulendes Elend verwandeln.

 

Bevor die Situation ganz eskaliert, sollte der Pflegende sich zurücknehmen, einmal tief durchatmen.  Noch besser, den Raum verlassen, ruhig und gleichmäßig atmen, bis zehn zählen. Erst wenn man merkt, der Puls beruhigt sich, man atmet wieder normal und die Gereitzheit schwindet langsam, kann man wieder das Zimmer betreten und einen neuen Versuch starten. 

Immer wieder muss man sich bewusst machen, dass der demenziell Veränderte nichts für sein Verhalten kann, sondern dass es an der Erkrankung liegt. Er kann nichts dafür, dass sein Gedächtnis schwindet und er nicht mehr weiß, was gerade gesagt oder vereinbart wurde. Er kann nichts dafür, dass er Dinge verlegt und nicht mehr wieder findet.  Und, und, und.........

 

Wir sollten uns vorstellen, wie es uns persönlich erginge, wenn wir Vorwürfe bekommen, obwohl wir gar nicht wissen wieso!

Dieses Gedicht sollten betroffene Angehörige sich manchmal durchlesen, wenn die Geduld mit dem Erkrankten zu Ende geht. 

Sich einmal vorstellen, wie es wäre, wenn man selbst erkrankt wäre. 

Wenn ich einmal dement werde

Wenn ich einmal dement werde
soll mein Leben einfach und überschaubar sein.
Es soll so sein,dass ich jeden Tag das Gleiche mache
Jeden Tag zur gleichen Zeit.

Wenn ich einmal dement werde
Musst Du ruhig zu mir sprechen, damit ich keine Angst bekomme
und nicht das Gefühl entsteht, dass Du böse mit mir bist.
Du sollst mir immer erklären, was Du tust.

Wenn ich einmal dement werde
kann ich vielleicht nicht mehr mit Messer und Gabel essen,
aber bestimmt sehr gut mit den Fingern.

Wenn ich einmal dement werde
und Panik bekomme, dann bestimmt,
weil ich an zwei Dinge gleichzeitig denken soll.

Wenn ich einmal dement werde
bin ich meistens leicht zu beruhigen, nicht mit Worten,
sondern indem Du ganz ruhig neben mir sitzt
und meine Hand fest hälst.

Wenn ich einmal dement werde
habe ich das Gefühl, dass andere mich schwer verstehen,
und genau so schwer ist es für mich, andere zu verstehen.
Mach Deine Stimme ganz leise und sieh mich an,
dann verstehe ich Dich am besten.
Mach nur wenige Worte und einfache Sätze.

Wenn ich einmal dement werde
sieh mich an und berühre mich, bevor Du mit mir sprichst.
Vergiss nicht, dass ich oft vergesse.

Wenn ich einmal dement werde
möchte ich Musik von damals höhren, doch ich habe vergessen welche.
Erinnere Du Dich und lass sie uns zusammen höhren.
Ich mag gerne singen, jedoch nicht allein.

Wenn ich einmal dement werde
denk daran, dass ich nicht alles verstehe, doch mehr als Du
manchmal denkst.


 

 

 

Demenz

 

Im Kopf sind schwarze Wolken,

das Denken fällt mir so schwer.

Reden, machen, laufen

kann ich bald nicht mehr.

 

Bitte bleibe bei mir,

reiche mir die Hand.

Laß mich nicht alleine

im unbekannten Land.

 

Singe mir mir Lieder,

tu`was mir gefällt,

denn ich bin noch immer 

Teil von dieser Welt.

 

(unbekannter Verfasser)

 

 

 

 

 

 

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